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(Verhaltens-)Besonderheiten bei Fetalen Alkoholspektrumstörungen – Always think brain!

Kinder und Jugendliche mit FASD zeigen auf Grund der irreparablen Schädigung des Zentralen Nervensystems ein stark herausforderndes Verhalten. Die unterschiedlichen herausfordernden Verhaltensweisen werden in der Praxis als Symptome gehandelt. Bereits 1996 beschrieben das Institute of Medicine die Fetalen Alkoholspektrumstörungen als Oberbegriff für Syndromausprägungen, die mit Verhaltensstörungen und kognitiven Einschränkungen einhergehen, welche durch eine organische Hirnschädigung hervorgerufen und nicht durch Umwelteinflüsse oder sonstige genetische Komponenten erklärt werden können und bei denen die üblichen pädagogischen Interventionstechniken in Bezug auf die Verhaltenssymptomatiken kaum oder gar nicht greifen. Die hirnorganisch bedingten Beeinträchtigungen durch die Noxe Alkohol in der Schwangerschaft in Bezug auf die Wahrnehmung, die Impulskontrolle sowie das Gedächtnis schlagen sich unmittelbar auf das Verhalten der betroffenen Kinder und Jugendliche nieder.

Die bei FASD typischen Verhaltensstörungen sind also unter anderem das Resultat der Funktionsstörungen des Gehirns durch die intrauterine Alkoholexposition und münden in psychische Behinderungen, die zum einen von dem Umfeld häufig übersehen oder ausschließlich „pädagogisch“ beantwortet werden. Da die von FASD betroffenen Kinder und Jugendliche optisch zu einem Großteil nicht auffallen, also nicht „eingeschränkt“ aussehen, erleben sie nur selten eine Anpassung des Umfeldes an ihre Einschränkung und werden in ihren Verhaltensweisen häufig fehlverstanden. Kinder und Jugendliche mit FASD werden selten als das (an)erkannt, was sie sind: Menschen mit einer angeborenen Behinderung und so stehen sie im Alltag permanent Anforderungen und Erwartungen gegenüber, die sie aufgrund der Hirnschädigung ohne Hilfe gar nicht erfüllen können.

Auswirkung der Hirnschädigung auf das Verhalten

Den Zusammenhang zwischen der intrauterinen Alkoholexposition und den Veränderungen von Hirnfunktionen, also einer vorgeburtlich erworbenen Hirnschädigung, haben aktuelle Forschungsergebnisse nachweisen können. Unabhängig von der jeweils gestellten Diagnose FAS, pFAS oder ARND können die Betroffenen von gravierenden Einschränkungen der Hirnfunktion betroffen sein. Durch die behinderte Zellteilung in Folge der intrauterinen Alkoholexposition ist das Wachstum der Organe, hier vor allem des größten Organs des Gehirns, sensibel gestört. Es entstehen in Folge des pränatalen Alkoholkonsums bei der Entwicklung des Gehirns weniger Gehirnzellen, das Gehirn der betroffenen Kindern bleibt kleiner, gleichzeitig erhöht sich in einem gegenläufigen Prozess im Verlauf der Gehirnentwicklung die Quote des Zellsterbens im Vergleich zu gesund geborenen Kindern von 5 auf 30 Prozent.

Typischerweise sind bei einer FASD folgende Hirnregionen am stärksten betroffen: der Infomationsweiterleitende Teil des Corpus Callosum, der Appetit, Emotionen, Temperatur- und Schmerzempfinden kontrollierende Hypothalamus, der für die Koordinations-/Verhaltens-/Gedächtnis- und Bewegungskontrolle zuständige Teil des Cerebellum, der für Impulse und Urteilsvermögen zuständige Teil des Frontallappen sowie die Region der Basalganglien, welche das zielgerichtete Arbeiten, die zeitliche Wahrnehmung, die Vorhersage von Verhaltenskonsequenzen und das Raumgedächtnis beeinflussen. Bei der Betrachtung der Funktionen, die den betroffenen Hirnregionen zukommt, wird deutlich, dass sich die Hirnschädigungen in starkem Maße auf die Wahrnehmung sowie auf das Verhalten der betroffenen Kinder und Jugendliche auswirken.

Auswirkungen auf sozialer Ebene


Das Sozialverhalten scheint die am meisten betroffene Ebene bei FASD zu sein. Dies resultiert aus den Defiziten bei den exekutiven Verarbeitungs- und Integrationsprozessen im direkten Zusammenhang mit der Komplexität von sozialen Situationen und gestörte Sozialverhalten. Soziale Interaktionen sind in der Regel so angelegt, dass mehrere Prozesse gleichzeitig ablaufen, sie sind also recht komplex Untersuchungen bei Betroffenen im Alter zwischen 13 und 33 Jahren zeigten, dass die sozialen Fähigkeiten dem von sechsjährigen Kindern entsprachen. Kinder und Jugendliche mit FASD fallen vor allem durch distanzloses Verhalten, fehlendes Risikobewusstsein, eine eingeschränkte oder fehlende Impulskontrolle, Naivität oder dem nicht verstehen von sozialen und sexuellen Grenzen.

Bedingt durch diese weitreichenden Einschränkungen in der Sozialkompetenz werden Kinder und Jugendliche mit FASD tendenziell von der gleichaltrigen peer grup abgelehnt und haben Schwierigkeiten darin Freundschaften aufzubauen und zu halten. Meist orientieren sich Kinder und Jugendliche mit FASD hinsichtlich ihrer Interaktions- aber auch Beziehungspartner an ihrem Entwicklungsalter und suchen sich so tendenziell jüngere Gegenüber. Vor allem im Bereich der Partnerschaft und Sexualität kann dies zu Problemen führen.

Verhalten von Menschen mit FASD – so herausfordernd dies auch erscheinen mag – ist für uns im Sinne positiver Verhaltensunterstützung immer sinnvoll. Ein Verhalten mag vermeintlich ohne (erkennbare) Ursache erfolgen, der Mensch mit FASD wird jedoch immer einen inneren Grund haben, sich entsprechend zu verhalten. Wir betrachten das gezeigte Verhalten, das im Vergleich zur neurotypischen Normgesellschaft als besonders erscheint, immer auf dessen Funktion und inneren Grund, um davon ausgehend, individuell angepasste und effektive Strategien zur positiven Verhaltensunterstützung ableiten zu können.

Literatur

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